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VE-Wasser – Reinstwasser oder nicht?

VE-Wasser, destilliertes Wasser, Osmosewasser, es kursieren so viele Begriffe und Definitionen zu speziell aufbereitetem Wasser, dass Dir dabei durchaus der Kopf schwirren kann. An dieser Stelle wollen wir uns näher mit dem VE-Wasser beschäftigen. Dazu müssen wir es aber zunächst von anderen Reinstwassern abgrenzen.

 

Was ist überhaupt reines Wasser?

Wenn Du denkst, dass in reinem Wasser nur Wassermoleküle enthalten sind, dann ist das schon der erste Trugschluss. Reinstes Wasser beinhaltet auch einen winzigen Anteil an Ionen, die aus der Aufspaltung, der sogenannten Autoprotolyse, von Wassermolekülen entstehen. Dabei handelt es sich um Hydroxonium-Ionen (H3O+) und Hydroxid-Ionen (OH):

2 H2O ↔ H3O+ + OH

Wenn reinstes Wasser längere Zeit an der Luft steht, wird Kohlendioxid (CO2) im Wasser gelöst und das Gas reagiert auch teilweise mit dem Wasser. Es entstehen weitere Hydroxonium-Ionen und Hydrogencarbonat (HCO3):

CO2 + 2H2O ↔ H3O+ + HCO3

Im Zuge dieser Reaktion wird das Wasser leicht sauer. Je höher die Hydroxonium-Ionen-Konzentration, desto saurer ist das Wasser und desto niedriger sein pH-Wert. Reines, frisch aufbereitetes, neutrales Wasser hat den pH-Wert 7. Hat das Wasser länger an der Luft gestanden, kann es Werte um pH = 5 oder noch niedriger annehmen.

 

VE-Wasser

 

Verunreinigungen

Normales Wasser, also Quellwasser, Grundwasser, Leitungswasser, Regenwasser oder auch Abwasser, enthält viele mineralische und organische Verunreinigungen. Die Natur dieser Verunreinigungen solltest Du zuerst verstehen, um dann auch die unterschiedlichen Aufbereitungsmethoden nachvollziehen zu können. VE-Wasser, destilliertes oder Osmosewasser weisen nämlich unterschiedliche Restverunreinigungen auf.

  • Schwebstoffe und mechanische Verunreinigungen: Das sind sichtbare Partikel, die gar nicht im Wasser gelöst sind, sondern darin „herumschwimmen“.
  • Organische und biologische Verunreinigungen: Dazu gehören Lösemittelreste, Arzneimittelrückstände, Bakterien und Keime.
  • Mineralische Verunreinigungen: Dazu gehören gelöste Salze aller Art. Diese Verunreinigungen sind ionisch, d.h. elektrisch geladen. Zu den positiv geladenen Ionen gehören Metalle wie Eisen, Kupfer, Natrium, Calcium, Blei. Zu den negativ geladenen Ionen gehören Chlorid, Carbonat, Sulfat, Nitrat und weitere.

 

VE-Wasser: Vollentsalztes Wasser

VE-Wasser entsteht, wenn Leitungswasser oder Brunnenwasser über sogenannte Ionentauschersysteme geschickt wird. Dabei werden die ionischen Salze durch Hydroxonium- und Hydroxid-Ionen ersetzt, die wiederum zu Wasser reagieren können. Nur ein kleiner Teil bleibt als Ionen erhalten. Durch die Entfernung der Salze hat das VE-Wasser seinen Namen „Vollentsalztes Wasser“ erhalten. Es wird auch demineralisiertes Wasser genannt. Organische Substanzen, Viren oder Keime verbleiben aber im Wasser, so dass es nicht destilliertes Wasser genannt werden darf.

 

Abgrenzung des VE-Wassers zu destilliertem Wasser und Osmosewasser

VE-Wasser ist grundsätzlich das „unreinste“ Wasser, welches nach unterschiedlichen Aufbereitungsprozessen zur Verfügung steht. Die Destillation und die Osmose bzw. Umkehrosmose liefern eine etwas bessere Qualität. Bei der Destillation durchläuft das Wasser einen Prozess der Verdampfung und der nachfolgenden Kondensation. Bei der Verdampfung bleiben Verunreinigungen im Rückstand zurück, so dass das Kondensat aus reinem Wasser besteht. Manche Verunreinigungen können beim Verdampfen jedoch mitgeschleppt werden, so dass der Prozess noch ein- oder zweimal wiederholt wird, um ultrahochreines Wasser zu erhalten. Bei der Umkehrosmose wird das Wasser mittels Druck und einer Filtermembran auf molekularer Ebene gefiltert. Das aus diesem Verfahren gewonnene Osmosewasser kann ähnliche Reinheitsgrade erzielen wie bei der Destillation. Es hat aber in der Tendenz höhere Leitfähigkeitswerte. Auch Osmosewasser wird als demineralisiertes Wasser bezeichnet. Die Abgrenzung zu VE-Wasser aus Ionentauscherprozessen ist in der Literatur, und besonders in Werbeprospekten, nicht immer ganz scharf.

 

 

Reinheit von VE-Wasser: Leitfähigkeit und Gefrierpunktserniedrigung

Der Entzug der elektrisch leitenden Ionen eröffnet die Möglichkeit, mittels einer Leitfähigkeitsmessung die Reinheit von VE-Wasser zu bestimmen. Dabei werden drei Kategorien unterschieden:

  • Gereinigtes Wasser oder salzarmes Wasser hat eine Leitfähigkeit von 1 – 50 µS/cm.
  • Reinstwasser oder reines Wasser besitzt eine Leitfähigkeit von 0,1 – 1 µS/cm.
  • Hochreines VE-Wasser liegt bei einer Leitfähigkeit von 0,055 – 0,1 µS/cm.

Chemisch ist VE-Wasser unbedenklich und nicht als Gefahrstoff deklariert. Wenn normaler Luftdruck herrscht, gefriert hochreines VE-Wasser genau bei 0°C und siedet exakt bei 100°C Celsius. Nicht so reines VE-Wasser gefriert bei tieferen Temperaturen, diesen Effekt macht man sich auch beim Salzstreuen im Winter oder beim Einsatz von Frostschutzmittel zunutze. Der Siedepunkt von verunreinigtem Wasser liegt höher als 100°C und ist ebenfalls abhängig vom Grad der Verunreinigung. Die Abweichungen vom nominellen Siede- bzw. Gefrierpunkt werden auch als Maß für die Verunreinigung von VE-Wasser herangezogen.

 

Was kostet VE-Wasser?

Wenn Du für den Hausgebrauch reinstes Wasser kaufst, dann kaufst Du meist destilliertes Wasser. VE-Wasser findet sich eher in der Industrie wieder. Wenn Du einen Ionentauscher zur Wasserfilterung oder –enthärtung in deiner Wohnung eingebaut hast, dann erzeugst Du Dein VE-Wasser quasi selbst. Wenn Du nur demineralisiertes Wasser kaufen möchtest, kannst Du Dir oft nicht sicher sein, welche Prozesse es genau durchlaufen hat. So findest Du beispielsweise in der Werbung Texte wie „Mehrfach demineralisiertes Wasser. Maximale Leitfähigkeit von 5 μS/cm. Frei von Salzen, organischen Stoffen, Ionen, Mikroorganismen und weiteren Verunreinigungen.“ Das kann bedeuten, dass sowohl Destillation, Osmose oder Ionentausch betrieben wurde, oder alles zusammen. Am Ende bezahlst Du für den Reinheitsgrad und die Aufbereitungskosten scheinen sich nicht großartig zu unterscheiden. Du kannst Dich also an den Preisen für destilliertes Wasser orientieren, das typischerweise in 5l- oder 10l-Kanistern verkauft wird und etwa 1 € bis 1,40 € pro Liter kostet. Hochreines Wasser liegt etwa bei dem Doppelten. Größere Mengen für den gewerblichen Gebrauch sind natürlich deutlich günstiger.

 

Industrielle Einsatzgebiete von VE-Wasser

Dieses Wasser kommt zumeist in technischen Anwendungen als Betriebsstoff zum Einsatz. So dient es beispielsweise als Wärmeträger im Kühlmittelkreislauf eines Kraftwerks. Eine Hauptanwendung liegt jedoch auch in der Chemie und der Biologie, wo es als Lösungs- und Reinigungsmittel engesetzt wird. Einige Verfahren oder Anwendungen erfordern Reinstwasser, wo die Einhaltung bestimmter Spezifikationen und hoher Anforderungen für die Reinheit des Wassers extrem wichtig ist. Grundsätzlich soll mit dem Einsatz von VE-Wasser die Bildung von Ablagerungen (Verkalkung, Steinbildung) und Korrosion vermieden werden. So sind z.B. auch die Grenzwerte für einige Salze im Trinkwasser nicht durch eine physiologische Bedenklichkeit motiviert, sondern um die Korrosion von Leitungen zu verhindern. Es darf dabei aber auch nicht vergessen werden, dass ultrahochreines Wasser eine Art Lösungsdruck erzeugt. Reines Wasser kann mehr Ionen aufnehmen als gesättigtes Wasser löst diese aus den Leitungen heraus. Das Material der Leitungen und der Reinheitsgrad des VE-Wassers sollten aufeinander abgestimmt sein.

 

Der Einsatz von VE-Wasser zu Hause: Die Heizungsanlage

Der wichtigste Einsatzort von salzarmen Wasser zu Hause ist die Warmwasserheizung. Dazu gibt es sogar eine Richtlinie des Verbands Deutscher Ingenieure, die VDI 2035. Gerade wenn Wasser warm wird, steigt die Neigung zur Ablagerung von Kalkresten (Carbonaten). Diese sogenannte Steinbildung kann durch den Einsatz von VE-Wasser verhindert werden. Folgen der Steinbildung sind lokale Überhitzungen, Spannungsrisse oder Lecks. Aber auch das Verstopfen von Rohrleitungen und Armaturen führt zu einem verminderten Rohrquerschnitt und damit Druck- und Leistungsverlusten der Anlage. Auch das Thema der Materialkombination Rohr-Wasser berücksichtigt die Richtlinie. Als Grenzwert für die Leitfähigkeit legt die VDI 2035 einen Wert von unter 100 µS/cm fest.

 

Welche Anwendungen von VE-Wasser sind zu Hause noch interessant?

Im häuslichen Umfeld gilt dasselbe wie für die Nutzung von destilliertem Wasser. Die Anwendungen von VE-Wasser sind eher selten. Zwei Gebiete lassen sich identifizieren:

  • Autobatterien: Viele Systeme basieren noch auf dem Blei-Säure-Prinzip. Das Elektrolyt in einer solchen Batterie besteht aus Schwefelsäure und destilliertem Wasser. Die elektrochemischen Reaktionen in der Batterie befinden sich in einem genau austarierten Gleichgewicht, bei dem Blei, Sulfat, Wasserstoff und Sauerstoff beteiligt sind. Eine Batterie verliert mit der Zeit etwas Wasser (Verdampfung). Wenn Du dieses nachfüllen möchtest, kannst Du VE-Wasser verwenden, auch wenn destilliertes Wasser einen Tick besser ist. Leitungswasser enthält andere Ionen, die das Gleichgewicht der Batterie stören und sie untauglich machen.
  • Bügeln: Kalk im Leitungswasser schadet Deiner Kleidung zwar nicht, aber Dein Bügeleisen kann ein Problem damit haben. Speziell sehr hartes Wasser kann die Lebensdauer des Bügeleisens extrem senken. Daher ist VE-Wasser sehr empfehlenswert.

 

Ist das Trinken von VE-Wasser schädlich?

Das Wasser wird aus Trinkwasser hergestellt, ist demnach ungiftig, aber trotzdem nicht zum Trinken gedacht. Gesunde Menschen können zwar größere Mengen an VE-Wasser trinken, es gibt jedoch ein Krankheitsbild, die sogenannte Wasservergiftung, die auftreten kann, wenn mehrere ungünstige Faktoren zusammenkommen. Hat ein Mensch große Verluste an Salzen, Mineralien und Flüssigkeit zu verzeichnen, beispielsweise nach Erbrechen, Durchfall oder großer körperlicher Anstrengung, kann er dies durch die Aufnahme von elektrolythaltigen Getränken kompensieren. Versucht er das allerdings mit salzarmem VE-Wasser, führt dies zu Schwindel, Kopfschmerzen und Übelkeit. In Extremfällen kann es zu Organschäden und selten sogar zu Todesfällen kommen. Die Zellen nehmen das Wasser auf und platzen. Aber wie gesagt, normalerweise ist das Trinken von VE-Wasser unbedenklich. Nach Schätzungen müsstest Du 17 Liter am Stück trinken, bevor es zu ernsteren gesundheitsschädlichen Folgen kommt. Du solltest allerdings bedenken, dass weder Spurenelemente noch andere wichtige Mineralien oder Salze im Wasser enthalten sind. Es bringt ernährungstechnisch also nichts, dieses Wasser zu trinken.

 

VE-Wasser im Aquarium?

Fische sind Lebewesen, genauso wie Menschen. Aber sie leben im Wasser und das stellt Anforderungen an das Wasser. Reines Wasser, gleich ob destilliert, aus der Osmose oder VE, ist Gift für die Fische. Je nach Art bevorzugen Fische bestimmte Härtegrade und Salzgehalte im Wasser. Süß- oder Salzwasser für Fische hat nichts mit der technischen Spezifikation von VE-Wasser oder anderen Reinstwassern zu tun. Wenn das Leitungswasser den Aquariumsanforderungen nicht gerecht wird, kann eine Beimengung von Reinstwasser unter Umständen sinnvoll sein. Auch eine Anreicherung mit bestimmten Mineralien sollte stets geprüft werden. Regenwasser ist hier oft eine sehr gute Alternative.

 

Trinkwasser, VE-Wasser oder ein anderes Reinstwasser?

Alle Reinstwasser, auch VE-Wasser, sind unbelastet, besitzen aber keine Nähr- und Mineralstoffe. Trinkwasser hat in der Regel eine ausreichend gute Qualität. Allerdings kann bei alten Rohren oder bei Brunnenanlagen eine Filterung mit Ionentauscher (die der Herstellung von VE-Wasser entspricht) manchmal sinnvoll sein. Ansonsten ist der Einsatz im häuslichen Bereich eher selten und auf die Industrie beschränkt.


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