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Saures Wasser, was ist das?

Beim Begriff „saures Wasser“ erinnern sich viele Menschen an den sauren Regen, der in den 1980er-Jahren in aller Munde war. Dieser war ebenfalls saures Wasser, aber was dieses Wasser genau ausmacht, wozu es gut und wozu es schlecht ist, das erfährst Du hier.

 

Wie wird saures Wasser definiert?

Der Säuregrad von Wasser wird über den pH-Wert definiert. Der pH-Wert von Wasser ist wiederum definiert als der negative dekadische Logarithmus der Hydroxonium-Ionen-Konzentration (H3O+). Er gibt an, wie sauer oder alkalisch eine wässerige Lösung ist. Die Skala des pH-Werts reicht von 0 bis 14. Je niedriger der pH-Wert ist, also je mehr Hydroxonium-Ionen vorliegen, desto saurer ist das Wasser. Bei pH = 7 wird von neutralem Wasser gesprochen. Bei größeren pH-Werten wird das Wasser als alkalisch oder basisch bezeichnet (nein, nicht als süß; das ist nochmal etwas anderes).

 

Saures Wasser

Beispiele für saures Wasser

Saures Wasser entsteht, wenn beispielsweise saure Gase wie Wasserstoffchlorid (HCl), Kohlendioxid (CO2) oder Schwefeltrioxid (SO3) in Wasser gelöst werden. Es kann auch entstehen, wenn saure organische Substanzen wie Zitronensäure oder Essig in Wasser gelöst werden. Jede wässerige Säure ist saures Wasser, natürlich in jeweils unterschiedlicher Stärke.

  • Salzsäure entsteht beim Lösen von Wasserstoffchlorid in Wasser: H2O + HCl ↔ Cl + H3O+.
  • Schwefelsäure (H2SO4) entsteht beim Lösen von Schwefeltrioxid in Wasser und reagiert zu Hydroxonium- und Sulfat-Ionen weiter: 3 H2O + SO3 ↔ SO4 + 2 H3O+. Diese Reaktion findet unter anderem statt, wenn Regen Industrieabgase aus der Luft aufnimmt (saurer Regen).
  • Kohlensäure (H2CO3) entsteht beim Lösen von Kohlendioxid in Wasser, allerdings nur zu einem geringen Teil. Stark vereinfacht liegt folgendes Gleichgewicht vor: 2 H2O + CO2 ↔ HCO3 + H3O+. Da das meiste Kohlendioxid nicht mit dem Wasser reagiert, sondern einfach nur gelöst bleibt, werden nicht so viele Hydroxionium-Ionen gebildet wie bei der Salz- oder Schwefelsäure. Kohlensaures Wasser ist daher deutlich weniger sauer. Deswegen lassen sich Mineralwässer auch gut trinken.
  • Essigsäure entsteht beim Lösen von Essig in Wasser: H2O + H3CCOOH ↔ H3CCOO + H3O+.

 

Unterschiedliche Stärken von saurem Wasser

Um Dir ein Gefühl für die unterschiedlichen Säuregrade zu geben, sind im Folgenden ein paar Beispiele unterschiedlicher Flüssigkeiten (die hauptsächlich aus Wasser bestehen) aufgeführt:

  • Stark sauer sind konzentrierte Salzsäure (pH = 0), normale Salzsäure (pH = 1 – 2) oder auch die Magensäure (pH = 1,5).
  • Mittelstark sauer sind beispielsweise Cola und Essig (pH = 3), Orangensaft (pH = 3,5), Wein (pH = 4) oder auch saure Milch (pH = 4,5).
  • Schwach sauer sind Kaffee (pH = 5) und Tee (pH = 5,5) wegen ihrer Gerbstoffe oder auch der Schweiß auf unserer Haut (pH = 5,5) und Mineralwasser (pH = 6).

Daran kannst Du schon sehen, dass saures Wasser durchaus in der Natur vorkommt und in vielen Bereichen seine Berechtigung hat.

 

Ist saures Wasser trinkbar?

Wie Du aus der vorausgegangenen Aufstellung ableiten kannst, ist diese Frage ziemlich eindeutig zu beantworten: Ja, man kann. Trotzdem sollte man ein Aber hinterherschieben. Es kommt immer darauf an, wie sauer das Wasser ist und was sonst noch an Inhaltsstoffen drin ist. In Anbetracht der Stärke von Magensäure scheint es zunächst unbedenklich zu sein, eine schwache Salzsäure zu trinken, ist es aber nicht. Säure hat ätzende Eigenschaften, die Magenwand ist gegen diese Eigenschaften geschützt, Schleimhäute und die Speiseröhre dagegen nicht. Zu saure Getränke sind für viele Menschen nicht bekömmlich. Deshalb legt die Trinkwasserverordnung auch einen pH-Wert zwischen 6,5 und 9,5 fest. Das hat aber auch andere Gründe. Zu saures Wasser greift die Leitungen an. Es ätzt Metall, löst Schwermetalle aus den Rohren und reagiert mit zementhaltigen Werkstoffen. Also gilt beim Trinken von saurem Wasser: Saurer als Cola sollte es nicht sein, und dann auch nur in Maßen. Schwach alkalisches Trinkwasser ist am besten.

 

Was ist bei Trinkwasser sonst noch zu beachten?

Kalkhaltiges oder hartes Wasser aus der Leitung hat oft leicht erhöhte pH-Werte, ist also basisch. Wasser mit einem pH-Wert von 5 oder 5,5 ist durchaus noch trinkbar, aber in der Trinkwasserleitung nicht erlaubt, weil es bei Blei- und Kupferrohren Vergiftungen auslösen kann. Darüber hinaus sollte natürliches Grund- und Brunnenwasser regelmäßig überprüft werden, wenn es als Trinkwasser eingespeist wird. Es kann sich dabei durchaus um saures Wasser mit einem pH-Wert bis runter zu 5,5 handeln. Mineralwässer sind ohne Kohlensäure sicherlich bekömmlicher als mit der Säure.

 

Wie reagieren Pflanzen bei diesem Wasser?

Manche Pflanzen bevorzugen saure Böden, andere Pflanzen bevorzugen alkalische Böden. Im Stickstoffkreislauf der Natur können Pflanzen entweder Ammonium oder Nitrat für ihren Stoffwechsel assimilieren. Ammonium steht dabei für saure, Nitrat für alkalische Böden. Pflanzen, die sich im sauren Milieu wohlfühlen, sind beispielsweise Heidelbeeren, Preiselbeeren, Chicorée oder Kartoffeln. Aber auch Tomaten, Mangold, Bohnen, Sellerie, Kohlrabi, Gurken und Kürbisse sind im schwach sauren Milieu ab pH = 5,5 noch zu Hause. Bei Gehölzen sind beispielsweise Rhododendren, Stechpalmen, Rosskastanien, Magnolien, Douglasien, Hortensien oder Kiefern zu nennen. Bei Gräsern und Stauden gehören Farne, Primeln, Arnika, Orchideen, Frauenschuh, Narzissen und Schwertlilien zu den Liebhabern saurer Böden. Um sie zu unterstützen, kann mit saurem Wasser gegossen werden, oder ein alkalischer Boden kann durch Zugabe von Torfmoos, Kompost, Mulch oder Kaffeesatz angesäuert werden.

 

Saures Wasser im Aquarium

Grundsätzlich gilt, dass pH-Werte kleiner als 4,5 und größer als 9 für Fische als extrem lebensfeindlich einzustufen sind. Im Detail haben unterschiedliche Fische auch unterschiedliche Vorlieben, was saures oder alkalisches Wasser angeht. Viele tropische Zierfische fühlen sich eher in saurem Wasser wohl. Mit einem pH-Wert unter 5 können sich beispielsweise der Blaue Neon, der Brillantsalmler, der Blaue Fadenfisch, der Tüpfelbuntbarsch oder der Indische Glaswels anfreunden. Das Aquariumwasser sollte daher pH-technisch immer auf die jeweiligen Fischsorten eingestellt werden. Nach jedem Wasserwechsel, mindestens einmal pro Woche, sollte der pH-Wert überprüft werden. Wenn das Wasser im Aquarium nicht sauer genug ist, gibt es diverse Möglichkeiten zur Ansäuerung:

  • Torf oder Soilböden
  • CO2-Zugabe
  • Erlenzäpfchen
  • professionelle Wasseraufbereiter

 

Desinfizieren mit saurem Wasser?

Keime, Sporen, Viren und Pilze sind auch Teil der Biologie. Ihre physiologischen Prozesse sind zwar nicht mit denen von Pflanzen und höher entwickelten Tieren identisch, aber ihr Lebensraum ist derselbe. Natürlich gibt es Ausnahmen, aber in der Regel fühlen sich die kleinen Gesellen in denselben Milieus wohl wie wir auch. Stark saures Wasser bekommt den meisten Bakterien genauso wenig wie uns, deshalb ist eine Wunddesinfektion mit starker Säure nicht nur für Keime tödlich, sondern führt auch auf der Haut zu Verätzungen. Saures Wasser oder Säuren wie Peressigsäure werden nur in speziellen Fällen zur Desinfektion eingesetzt (meistens in der Industrie). Bei der Poolreinigung kommt teilweise Hypochlorige Säure bzw. ihr Salz zum Einsatz. Maßgeblich für die desinfizierende Wirkung ist allerdings nicht das saure Wasser, sondern die oxidierende Wirkung der Moleküle.

 

Saures Wasser ist allgegenwärtig

Saures Wasser ist lebensnotwendig, aber es kann auch gefährlich sein. Starke Säuren sind ätzend und können zu Verletzungen führen. Aber mittelstarkes und schwach saures Wasser findet sich in der Physiologie und in natürlichen Kreisläufen überall wieder. Beim Trinken solltest Du allerdings darauf achten, dass es nicht zu sauer wird. Zum einen, weil es bekömmlicher ist, zum anderen, weil es die Leitungen schädigt und Gifte aus ihnen herauslösen kann.


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